Der Heilige Geist

In vielen alten Mythologien werden mehrere Götter angebetet. So glaubten z. B. die Griechen an Zeus, Hera, Apollo und Ares. Die Skandinavier glaubten an Odin, Frigg, Balder und Thor. Und die alten Römer glaubten an Götter wie Jupiter, Neptun, Juno, Ceres und Apollo. Leider ist der Ursprung dieser Mythen im Laufe der Geschichte verloren gegangen. Eine der möglichen Erklärungsmodelle für die Vielgötterei ist der Gedanke, dass es sich dabei um die Personifizierung verschiedener Eigenschaften des einen Gottes handelt. Weil Gott mächtig, weise und gnädig ist, verwendeten die Alten für diese Eigenschaften Begriffe wie Krieger, König und Hirte. Dabei waren sie sich durchaus bewusst, dass es sich bei diesen Eigenschaften, nicht um unterschiedliche Personen oder Götter handelt. Vielmehr wollten sie die verschiedenen Eigenschaften des einen Gottes durch unterschiedliche Namen symbolisch beschreiben. Mit dem Fortschreiten der Zeit ist das Wissen um die Einheit Gottes verloren gegangen. Die Menschen begannen damit, in jedem Archetypus Gottes einen eigenständigen Gott zu sehen. Auf diese Art und Weise entwickelten sich aus den einst zutreffenden symbolischen Beschreibungen des einen Gottes, die polytheistischen Religionen.

In der Bibel gibt es viele Namen für den einen Gott. Jesaja sagt, "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, ... und er heißt Wunderbar, Rat, Held, Ewig-Vater Friedefürst." (Jes. 9,6) Offenbar beziehen sich alle diese Namen auf das gleiche Kind. Wahrscheinlich würde niemand auf den Gedanken kommen, dass jeder dieser Namen sich auf einen anderen Menschen bezieht.

Eine der wichtigsten Aussagen in der Bibel ist die, dass Gott Einer ist. (5.Mo. 6,4; Mark. 12,29; 2.Mo. 20,3; 23,13; 5.Mo. 4,35.39; 5,7; 1.Sam. 2,2; 2.Sam. 7,22; 1.Chro. 17,20; Jes. 45,6; 45,21; 47,8) Wenn wir damit beginnen würden, die unterschiedlichen Namen für Gott bzw. die symbolisierten Eigenschaften Gottes als eigenständige Wesen bzw. Personen zu denken, dann würden wir die Einzigartigkeit Gottes in Frage stellen. Wir würden damit beginnen, ähnlich wie bei den alten griechischen Mythologien, mehrere Götter anzubeten.

Die Bedeutung "des Geistes"

Ein bekannter Name, der sich auf Gott bezieht lautet "Heiliger Geist". Weil in der Bibel Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist angerufen wird, haben einige Christen damit begonnen jeden Namen gesondert zu betrachten. Auf diese Weise haben sie Gott in drei Personen aufgeteilt. Ein gewissenhafter Blick in die Bibel bestätigt, dass dieses Dreipersonenkonzept recht problematisch ist. Denn mit dem Wort "Geist" in Bezug auf Gott kann auch der göttliche "Atem" gemeint sein, der durch die Schöpfung weht.

In der hebräischen und griechischen Sprache haben die Wörter "Atem" und "Wind" die gleiche Bedeutung wie das Wort "Geist". Auch in der englischen Sprache kommt das Wort "spirit" aus dem lateinischen "spiritus". Die Worte "Inspiration" und "Atmung" haben die gleiche Wurzel. Dies ist auch richtig so, denn von frühster Zeit an konnten die Menschen die Verbindung zwischen Atem und aktiven Leben sehen. Hört der Körper eines Menschen auf zu atmen, verliert er seine Aktivität und stirbt. Durch den Atem äußern sich die Aktivität und das Leben des Menschen. Diese bekannte Verbindung zwischen Atem und aktiven Leben ist der Grund dafür, warum im hebräischen (ruach) und im griechischen (pneuma) das gleiche Wort für "Geist" und "Atem" verwendet wird.

Es ist leicht nachzuvollziehen, dass die gleiche Wortbedeutung für den Übersetzer dieser Texte bisweilen recht problematisch sein kann. In vielen Passagen muss ein Übersetzer wählen, ob er das Wort "Geist" oder das Wort "Atem" verwendet, wenn in der Originalsprache beide Bedeutungen möglich sind. So kann man z. B. im Evangelium des Johannes lesen: "Der Wind (pneuma) bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. Also ist ein jeglicher, der aus dem Geist (pneuma)geboren ist." (Joh. 3,8) Der Gleiche Vers könnte auch so übersetzt werden: "Der Atem (pneuma) atmet, wo er will ... ein jeglicher, der aus dem Atem (pneuma)geboren ist." Man könnte auch sagen: "Der Geist (pneuma) inspiriert, wen er will ... ein jeglicher, der aus dem Geist (pneuma) geboren ist."

Jeder hat einen Geist

Jede Person hat eine Seele, einen Körper und einen Geist. (1.Thess. 5,23; Hebräer 4,12) Die Seele ist der innere unsichtbare Teil einer Person. Während der Körper den äußeren und sichtbaren Teil einer Person ausmacht. Der Geist hingegen ist das aktive Leben der Seele innerhalb des Körpers. Die Seele kann nicht direkt mit anderen kommunizieren, aber sie kann durch den Körper Verbindung aufnehmen. Mit anderen Worten, die Seele benötigt den Körper, um sich ausdrücken zu können. Aber selbst dann, wenn Seele und Körper im Prinzip funktionsfähig sind, entsteht keine Kommunikation, wenn der Körper stumm und inaktiv ist. Nur ein Körper, der atmet und aktiv ist, kann sprechen und mit anderen in Verbindung treten. Der Atem oder der Geist gibt dem Körper eine Stimme. Durch unseren Geist und dem tätigen Atem können wir reden und so unsere Gedanken und Gefühle mit anderen teilen.

Gerade weil jeder Mensch einen Atem hat, hat jeder Mensch auch einen Geist. Die Bibel erwähnt beispielhaft den Geist des Pharaos (1.Mo. 41,8), den Geist von Joseph (1.Mo. 45,27), den Geist Kaleb (4.Mo. 14,24),von Samson (Ri. 15,19), von Hanna (1.Sa. 1,15), von Isebel (1. Kö. 21,5), von Elischa (2.Kö. 2,9), von Phuls, Königs von Assyrien, und Thilgath-Pilnesers, Königs von Assyrien (1.Chro. 5,26), die Philister (2.Chro. 21,16) und den Geist von Serubabel (Hag. 1,14). Die Heilige Schrift spricht vom Geist einer jeden dieser Personen. Sie gibt aber nicht den geringsten Hinweis dafür, dass wir uns die Existenz dieses Geistes als eine eigenständige Person außerhalb des Menschen denken sollen.

Selbstverständlich besteht ein Unterschied zwischen mir und meinem Geist, genauso wie es einen Unterschied zwischen mir und meinem Atem gibt. Es finden sich in der Bibel einige Beispiele dafür, die den Geist eines Menschen eindeutig dieser Person zuschreibt. So sagt z. B. David: "Wenn mein Geist in Ängsten ist" (Ps. 142,3; 143,4) oder Hiob spricht von "der Angst meines Geistes" (Hiob 7,11). Die Heilige Schrift sagt, dass der Geist einer Person geht, wenn sie müde, hungrig, durstig oder ängstlich ist. Und, dass der Geist zurückkommt, wenn die Bedürfnisse des Körpers gestillt werden (Ri. 15,19; 1.Sam. 30,12).

Der Geist ist keine andere Person

Um zu verstehen, was die Bibel unter dem "Heiligen Geist" versteht, ist es sehr wichtig zu wissen, dass Gott in der Bibel als eine Person dargestellt wird. Selbstverständlich nicht als eine gewöhnliche sterbliche Person, aber dennoch als eine unendliche und ewige göttliche Person. Deshalb wird auch in der Bibel von den Händen und Füßen Gottes, seinen Augen und Gesicht, seinem Mund und Rede und von seinem Atem oder Geist gesprochen. Sicherlich wäre es unter diesen Umständen sehr verwirrend, wenn man sich den Heiligen Geist nicht als einen Teil Gottes vorstellen würde.

Nun gibt es einige Christen, die denken sich Gott als drei Personen. Aber, wenn jede Person einen Mund, ein Atem, ein aktives Leben und einen Geist hat, dann würden damit drei Personen mit drei atmenden Mündern und drei sprechende Geister angedeutet werden, nämlich den Geist des Vaters, den Geist des Sohns und den Geist des Heiliger Geistes. Bestenfalls ist dies ein sehr verwirrendes Denkmodell; schlimmstenfalls führt dieser Gedanke dazu, dass jemand an drei Götter denkt.

Es wäre viel einfacher, wenn man berücksichtigen würde, dass jeder Mensch zum Bilde und in der Ähnlichkeit Gottes geschaffen wurde. Und weil jeder Mensch aus einer unsichtbaren Seele, einem sichtbaren Körper und einem aktiven Geist besteht, so besteht auch Gott aus der Dreiheit des unsichtbaren "Vaters", des sichtbaren "Sohnes" und des aktiven Geistes bzw. des von Gott ausgehenden Lebens. Deshalb wird in der Bibel der Geist Gottes nicht als eine separate Einzelperson, sondern als der Atem Gottes dargestellt. Beachten Sie bitte hierzu die folgenden Beispiele:

Der Odem gibt dem Volk darauf, und Geist denen, so darauf wandeln. (Jes. 42,5)

Solange mein Odem in mir ist und der Hauch von Gott in meiner Nase ist. (Hiob 27,3)

Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben. (Hiob 33,4)

Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Geist bläst darein. Ja, das Volk ist das Gras. (Jes. 40,7)

Der Geist ist das Wort, die Wahrheit

Wenn wir sprechen, dann entweicht der Atem aus uns, wenn der Herr redet, dann entweicht seinem Atem oder Geist das Wort und die Wahrheit. Jesus nennt es "den Geist der Wahrheit" (Joh. 14,17; 15,26; 16,13). Dies wird auch durch andere Beispiele belegt: Wahrhaftige Anbeter werden den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit; denn der Vater will haben, die ihn also anbeten. (Joh. 4,23)

Und der Geist ist's, der da zeugt; denn der Geist ist die Wahrheit. (1.Joh. 5,6)

Der Geist Jehovahs redete in mir und Seine Rede war auf meiner Zunge. (2.Sa. 23,2)

Die Himmel sind gemacht durch Jehovahs Wort, und vom Hauche Seines Mundes all ihr Heer. (Ps. 33,6)

Mein Geist, der auf Dir ist, und meine Worte, die ich in Deinen Mund gelegt, sie sollen von Deinem Munde nicht weichen ... (Jes. 59,21)

Und auf Ihm ruht der Geist Jehovahs, der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Macht, der Geist der Kenntnis und der Furcht Jehovahs. (Jes. 11,2)

Da Petrus noch diese Worte redete, fiel der heilige Geist auf alle, die dem Wort zuhörten. (Apg. 10,44)

Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet. (Matth. 10,20)

Denn welchen Gott gesandt hat, der redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist nicht nach dem Maß. (Joh. 3,34)

Die Worte, die ich rede, die sind Geist und sind Leben. (Joh. 6,63. Sehen Sie auch Eph. 1,17; 6.17; Ez. 11,5; Jes. 61,1; Luk. 4,18)

Der Geist von Jesus Christus

Einer der Gründe für das Durcheinander mit der Trinität ist der, dass viele Menschen die Worte, welche Jesus sprach, buchstäblich nehmen, während der Herr doch meistens in Gleichnissen sprach.

Als Jesus mit seinen Jüngern über den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist sprach, sagte er: "Solches habe ich zu euch in Gleichnissen geredet. Es kommt aber die Zeit, dass ich nicht mehr durch Gleichnisse mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater." (Joh. 16.25) Wenn Jesus die bildhafte Sprache der Gleichnisse verwendete, dann sprach er vom Heiligen Geist manchmal so, als ob er eine andere Person war. "Es ist gut für euch, dass ich hingehe. Denn so ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch; so ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden. ... ich gehe zum Vater und ihr werdet mich hinfort nicht mehr sehen. ... Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht von sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkünden. Derselbe wird mich verklären; denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen." (Joh. 16,7-15) In der griechischen Sprache ist das Geschlecht der Pronomina (Fürworte), die sich auf den Geist in diesem Zitat beziehen, vieldeutig. In der vorliegenden Übersetzung heißt es: "Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht von sich selber reden".

Dies ist vergleichbar mit der Situation, wenn wir eine Stimme hören, die durch den Wind oder Atem zu uns getragen wird. Der Wind oder Atem spricht nicht eigenständig - er ist lediglich der Überträger vom Redner zu uns. Dieser Vers schildert den Geist nicht als eine separate Person, die für sich selbst sprechen kann, er sagt lediglich, dass hier kein von einer Person unabhängiger Geist spricht. Hier wird bildhaft die Stimme einer Person umschrieben, welche gerade spricht. Es ist in der Tat so, dass die Bibel nirgendwo den Heiligen Geist als eine Person beschreibt. Der Geist wird durch Atem, Wind (Joh. 3,8; Jes. 40,7; Apg. 2,2), Feuer (Matth. 3,11; Luk. 3,16; Apg. 2,3) und eine Taube (Matt. 3,16; Mark. 1,10; Luk. 3,22; Joh. 1,32) symbolisiert. Es wird nirgends ein Bild des Heiligen Geistes unabhängig von der Person Jesus Christus gezeichnet.

Jesus bezeichnet sich selbst als den Heiligen Geist

Er sagt: "Und ich will den Vater bitten, und er soll euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch bleibe ewiglich: den Geist der Wahrheit, welchen die Welt nicht kann empfangen; denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr aber kennt ihn; denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich will euch nicht als Waisen zurück lassen; ich komme zu euch. Es ist noch um ein kleines, so wird mich die Welt nicht mehr sehen; ihr aber sollt mich sehen; denn ich lebe, und ihr sollt auch leben. An dem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch." (Joh. 14,16-20)

Jesus sagt, dass der Tröster zu ihnen kommt, und er sagt, dass er selbst kommt, um sie zu trösten. Jesus sagt, dass der Geist in ihnen ist, und sofort danach sagt er, dass er selbst an diesem Tag bei ihnen ist. Er sagt, dass sie bereits den Geist der Wahrheit kennen, weil er mit ihnen lebt. Aber welche Art von Geist kennen sie und auf welche Art lebt der Geist mit ihnen, wenn nicht als Jesus Christus? Deshalb wird auch der Heilige Geist "der Geist des Jesus Christus" genannt. (Php. 1,19; siehe auch Rö. 8,9; 1.Pe. 1,11)

Das Versprechen des Herrn, dass sie den Heiligen Geist empfangen würden, wurde zum Teil nach seiner Auferstehung erfüllt, als Er seine Jünger aussandte. "Er hauchte sie an und sprach zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist" (Joh. 20,22) Die gleiche Redewendung könnte aber auch so übersetzt werden: "Nehmet hin den heiligen Atem."

Natürlich war der Atem von Jesus ein Symbol für all seine Worte und all die Werke seines Lebens, letztendlich für seinen eigenen Geist. Sicherlich ist "Der heilige Geist", die beste Deutung für den Geist des Herrn. Der Knackpunkt hierbei ist der, dass die Jünger den "Heiligen Geist" nicht als den Einfluss einer dritten Person begreifen sollten, sondern ihn als den persönlichen Einfluss von Jesus Christus erfahren durften. Wenn Jesus Sein Leben bzw. Seinen Geist in uns haucht, dann ist Er es selbst und nicht irgendeine andere Person, die dies tut.

Wenn wir uns nun die Frage stellen: "wer ist der Geist?", dann ist die Antwort klar: "Der Herr ist der Geist." (2.Kor. 3,17) "Wer ist der Erlöser ... Jesus Christus." (1.Joh. 2,1) Wie eine leichte Sommerbrise oder ein warmer Atem umgibt uns der "Heilige Geist" von Jesus Christus und inspiriert alle, die offen genug sind, um Ihn zu empfangen.